Chatbots sind menschlich: Wie sympathisch!

Ein Theologischer Kommentar zu: Jason Fagone, Die Jessica Simulation – Reportagen #63

Von Prof. Christian Cebulj

Vorsicht: dieser Text von Jason Fagone hat Suchtcharakter! Wer nicht ganz stabile Nerven hat, sollte ihn lieber nicht lesen oder als Podcast hören. Wer sich aber auf dieses Lese- oder Hör-Abenteuer einlässt, taucht ein in eine wunderbare Fiktion, die von einem uralten Menschheitstraum erzählt.

In einer schlaflosen Nacht loggt sich der Kanadier Joshua Barbeau auf einer mysteriösen Chat-Website namens Project December ein. Er gibt einige SMS- und Facebook-Nachrichten seiner Verlobten, Jessica Courtney Pereira, ein und startet die Matrix. «Jessica, bist du es wirklich?», tippt Joshua. «Klar bin ich es! Ich bin das Mädchen, das du über alles liebst», ist die Antwort. «Wie kannst du daran zweifeln?» Joshua: «Du bist seit acht Jahren tot.» Nachdem er 5 Dollar für das Benutzerkonto bezahlt, lernt Joshua ein leistungsfähiges System für Künstliche Intelligenz kennen, das menschliche Sprache verarbeiten kann. Das System namens GPT-3 lässt für Joshua einen Traum wahr werden: er kann wieder mit seiner geliebten Jessica sprechen.

Fagone schreibt: „Es war schliesslich nicht ungewöhnlich, dass Menschen versuchten, mit den Toten in Kontakt zu treten: In Gebeten und Träumen machten sie das ständig. Wie viele von ihnen würden gerne eine Technologie nutzen, die es ihnen erlaubte, einen Moment lang so zu tun, als wäre ihr toter Angehöriger wieder am Leben – und könnte Textnachrichten schreiben?“

Wir Theologinnen und Theologen beschäftigen uns professionell mit philosophischen Grundfragen der Menschheit und bieten religiöse Deutungen der Wirklichkeit an. Die „Jessica Simulation“ berührt eine solche Frage, indem sie über das Verhältnis von Leben und Tod philosophiert. Wenn Jason Fagone vorschlägt, dass Lebende und Tote mit Hilfe der KI doch ganz einfach miteinander chatten könnten, denke ich mir: Warum eigentlich nicht? Welch wunderbare Idee! Eigentlich tun in der jüdischen und christlichen Religion die biblischen Geschichten nichts anderes: Sie überschreiten die Grenzen des Faktischen durch Fiktion. Die Bibel erzählt oft wie ein Science-Fiction-Film von einem Leben nach dem Tod und bietet damit Millionen religiöser Menschen eine Strategie der Hoffnung. Obwohl noch nie jemand aus dem Jenseits zurückgekehrt ist, um zu beweisen, dass diese religiöse Deutung richtig ist, glauben unzählige Menschen auf dem Globus für sich persönlich, dass mit dem Tod nicht alles aus ist.

Für die Theologie hat die Künstliche Intelligenz etwas Faszinierendes, denn sie bereichert das Leben von uns Menschen, da sie permanent Grenzen erweitert. Die Theologie ist aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass die KI auch von Menschen gemacht ist und gerade darin – Gott sei Dank – ihre Grenzen hat. Chatbots sind menschlich und das macht sie so sympathisch, oder…?

Interessieren Sie sich für das Studium der Theologie?

Melden Sie sich für eine unverbindliche online-Infoveranstaltung an, oder buchen Sie einen Schnuppertag an der Theologischen Hochschule Chur und erleben Sie Theologie vor Ort:

Wünschen Sie den Newsletter der Theologischen Hochschule Chur?

Wir freuen uns über Ihr Interesse.

«Ich wohne im Bündner Oberland und für mich ist es zentral, dass ich abends nach Hause zu meiner Familie kann.»
- Flurina
- Flurina
«Ich schätze die Theologie als anspruchsvolle und vielseitige Wissenschaft. Das Studium fördert mein vernetztes und kritisches Denken. Es ist schön, über die ganz grossen Fragen des Lebens nachzudenken.»
- René
- René
«Das Studium in Chur ist interessant und vielfältig. Da ich mich auf das Priesteramt vorbereite, bietet das Seminar St. Luzi ein ideales Gemeinschaftsleben. Hier werden auch Identität und Spiritualität ausgebildet.»
- Niklas
- Niklas
«Die Präsenzbibliothek ist ein hervorragender Lernort: Es gibt genügend Arbeitsplätze und die Bücher dürfen auch für längere Zeit auf den Tischen liegen bleiben.»
- Petra
- Petra
«Das Studium belebt, inspiriert und stärkt mich im Hinblick auf meine zukünftige Berufsidentität. Ob in der Vorlesung, im Austausch oder im Selbststudium, an der TH Chur habe ich die Möglichkeit, mich mit Themen am Puls der Zeit auseinanderzusetzen.»
- Eveline
- Eveline
«Im Studium lerne ich, über den Glauben nachzudenken, ihn zu prüfen, zu vertiefen und wachsen zu lassen im Gespräch mit anderen Menschen und Auffassungen. Das ist sehr spannend.»
- Simon
- Simon