Transformatio; Nr. 2 (2023) – Weihnachten

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Das Weihnachtsfest hat sein christliches Festgewand abgelegt. So will es scheinen: „säkular“ überlagert von vielen Erwartungen, Interessen, Erfahrungen, pendelnd zwischen Konsum und Kitsch, gefühlig-nostalgisch bestäubt von Resten einer großen christlichen Tradition.

Auch dort, wo die Kulturkritik tiefer geht, vielleicht die bedenkliche Kommerzialisierung beklagt oder die unverbindlich zu einem wiederkehrenden Datum aufgesetzt wirkende Gefühlsbetonung ins Visier nimmt, ist Zurückhaltung angebracht. Weihnachten war nie nur „christlich“ oder gar „kirchlich“ besetzt. Weihnachten war immer das Fest der Grenzüberschreitung: familiär, in kleinen sozialen Räumen, aber auch gesamtgesellschaftlich. Kein anderes Fest hat ein solches Inte-grationspotential.

Bereits der Blick auf die biblischen Quellen des Weihnachtsfestes führt über einen „christlichen“ Horizont hinaus; es geht um die Welt. Weihnachten fasziniert auch heute interreligiös und nachreligiös, weil es persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse anspricht: Angenommensein, Teilhabe, Aufmerksamkeit, Solidarität. Alle Beiträge dieses Heftes – die wissenschaftlichen Aufsätze, die Auslegungen zu den Kindheitsgeschichten der Evangelien, die Schlaglichter auf die Rezeption – arbeiten diese ursprüngliche Weite der Weihnacht heraus.

Weihnachten war immer ein Trans-Fest, eine Feier der Grenzüberschreitung. Seine theologische Kernbotschaft heißt: Gott überwindet von sich aus die härteste Grenze, die Differenz von Gott und Welt/Mensch: Sie wird nicht aufgehoben, aber sie gerät in Bewegung, muss neu, inkludierend gedacht werden. Was bedeutet das für andere scheinbar unverrückbare Grenzen?
Feiern ist eine, nein: die wichtigste Weise, Grenzüberschreitungen zu inszenieren, zu erleben, auszuloten – und die Welt zu verändern. Gott hat es anders angefangen – unter uns.

Für diese Ausgabe aus dem Redaktionsteam
Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz
Prof. Dr. Georg Steins

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