1. Philosophie

Dozierende

Philosophie und Philosophiegeschichte
Prof. Dr. Martina Roesner

Philosophie und Philosophiegeschichte

1.1. Einführung in die Philosophie

Herbstsemester 2024
Dienstag, 08.25-10.05 Uhr

Pflichtvorlesung BA 1 – Mündliche Prüfung – 3 ECTS

Oft wird die Philosophie in einem Atemzug mit anderen Formen der universalen Weltdeutung und Welterkenntnis wie Religion, Mythos, Kunst, Literatur, Wissenschaft und Weltanschauung genannt. Dabei wird jedoch übersehen, dass sich das philosophische Denken sowohl methodisch als auch inhaltlich in bewusster Abgrenzung zu diesen anderen Formen des Wirklichkeitsverständnisses entwickelt hat. In dieser Einführungsvorlesung soll es darum gehen, das Spezifikum des philosophischen Denkens herauszuarbeiten, das in einem vernunftgeleiteten, ebenso kritischen wie selbstkritischen Fragen und Reflektieren über die Wirklichkeit in ihrer Gesamtheit besteht. Dabei sollen die verschiedenen philosophischen Methoden und Schulrichtungen sowie die grossen, immer wiederkehrenden Grundfragen der Philosophie überblickshaft dargestellt und anhand ausgewählter Primärtexte in exemplarischer Weise erläutert werden.

1.2. Geschichte der antiken Philosophie

Herbstsemester 2024
Dienstag, 15.50-17.30 Uhr

Pflichtvorlesung BA 1-3 – Mündliche Prüfung – 3 ECTS

Die antike Philosophie, die sich ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. in Griechenland entwickelt hat, bildet eine der wichtigsten Grundlagen des abendländischen Denkens und wirkt mit ihrer Begrifflichkeit, ihren argumentativen Prinzipien und ihrer Methodenstrenge bis heute in zahlreichen anderen Wissensdisziplinen weiter. In der Vorlesung soll es darum gehen, die mehr als tausend Jahre umspannende Entwicklung der antiken Philosophie von ihren Anfängen bei den Vorsokratikern über Platon und Aristoteles bis hin zur hellenistischen und spätantiken Philosophie darzustellen und dabei vor allem die Veränderungen und Umbrüche der philosophischen Hauptthemen und Methoden herauszustellen. Insbesondere soll dabei die polare Spannung zwischen den beiden Grundformen eines existenziell-lebensbezogenen und eines systematisch-objektiven Philosophieverständnisses erkennbar werden, die das antike philosophische Denken von Anfang an durchzieht und in unterschiedlichen Ausprägungen die Philosophie bis heute beeinflusst.

1.3. Metaphysik

Frühjahrssemester 2025
Mittwoch, 08.25-10.05 Uhr

Pflichtvorlesung BA 1-3 – Mündliche Prüfung – 3 ECTS

Der Begriff der Metaphysik ist im gegenwärtigen philosophisch-theologischen Diskurs ebenso umstritten wie vieldeutig. Im Gefolge der von Heidegger proklamierten «Überwindung der Metaphysik» hat das postmoderne Denken eine Absage an jede Form philosophischer Letztbegründung vollzogen und lehnt zumeist auch die Ansprüche des klassischen Vernunftdenkens, zu universalgültigen Wahrheiten gelangen zu können, ab. Angesichts der allgegenwärtigen Rede vom «nachmetaphysischen» Zeitalter gerät dabei jedoch oft in Vergessenheit, dass die Metaphysik eine ebenso lange wie komplexe Entwicklungsgeschichte hat und ganz unterschiedliche Formen annehmen kann: als Universalwissenschaft vom Seienden als solchem, als Spezialwissenschaft von bestimmten «übersinnlichen» Seinsbereichen oder auch als philosophische Prinzipienlehre. Die Vorlesung will die vielfältigen Formen und Typen metaphysischen Denkens – Seinsmetaphysik, Geistmetaphysik, Einheitsmetaphysik, Protologie (Lehre von den obersten Prinzipien) usw. – darstellen und die metaphysischen Grundfragen und Grundbegriffe vermitteln, die zum bleibenden Bestand des philosophischen wie theologischen Denkens unserer Zeit gehören.

1.4. Lektürekurs: Heidegger, «Sein und Zeit»

Herbstsemester 2024
Mittwoch, 08.25-10.05 Uhr

Freies Angebot BA 1-3 / MA 1-2 – keine Prüfung – 2 ECTS

Heideggers erstes Hauptwerk Sein und Zeit (1927) ist ein Meilenstein der Philosophie des 20. Jahrhunderts und eines der wichtigsten Werke der Philosophiegeschichte überhaupt. In diesem Lektürekurs soll das Buch über das Semester hinweg kapitelweise gemeinsam gelesen und diskutiert werden. Dabei soll zum einen die Art und Weise analysiert werden, in der Heidegger sich mit der gesamten bisherigen Philosophiegeschichte kritisch auseinandersetzt. Zum anderen soll besonderes Augenmerk auf diejenigen Themen und Fragestellungen gelegt werden (die existenziale Analytik, der transzendentale Charakter des Seinsverständnisses usw.), die auf die katholische wie evangelische Theologie (Rahner, Bultmann u.a.) eingewirkt haben und auch für die heutige Theologie von bleibender Relevanz sind.

Anrechenbarkeit:

  • Regelmässige Teilnahme (höchstens zwei versäumte Sitzungen): 2 ECTS-Punkte

Empfohlene Textausgabe: Martin Heidegger, Sein und Zeit, Tübingen, Niemeyer, 2006 (19.Aufl.).

1.5. Lektürekurs: Aristoteles, «Metaphysik»

Frühjahrssemester 2025
Donnerstag, 13.50-15.30 Uhr

Freies Angebot BA 1-3 / MA 1-2 – keine Prüfung – 2 ECTS

Aristoteles’ Metaphysik gehört zu den wichtigsten Werken der antiken Philosophie sowie der Philosophiegeschichte überhaupt. Zugleich ist sie aber auch das Gründungsdokument der gleichnamigen philosophischen Disziplin, die von Aristoteles als «Wissenschaft vom Seienden als Seiendem», als «Erste Philosophie» sowie als «theologische Wissenschaft» bestimmt wird. Fast alle Begriffe, die den metaphysischen Diskurs seitdem prägen – Substanz, Akzidens, Seiendes als Seiendes, Prinzip, Ursprung, Form und Materie, Wirk- und Zielursache, Möglichkeit und Wirklichkeit, Artbegriff und Individuum usw. – werden in diesem Werk von Aristoteles eingeführt und in prägnanter Weise definiert.

In diesem Lektürekurs soll das Werk über das Semester hinweg gemeinsam gelesen und diskutiert werden. Dabei sollen besonders die Aporien und Brüche der aristotelischen Argumentation analysiert werden, die von der Schwierigkeit zeugen, die beiden Aspekte der Metaphysik – allumfassende Universalwissenschaft einerseits und Spezialwissenschaft von den obersten Prinzipien bzw. dem Göttlichen andererseits – zusammenzuhalten.

Anrechenbarkeit:

  • Regelmässige Teilnahme (höchstens zwei versäumte Sitzungen): 2 ECTS-Punkte

Empfohlene Textausgabe: Aristoteles, Metaphysik (in 2 Bd.; griechisch-deutsch), übers. von Hermann Bonitz, hg. von Horst Seidl, Hamburg, Meiner, 1989 / 2009.

Seminar: 7.4. Paradigmen der Lebensphilosophie
Martina Roesner, Systematische und Historische Philosophie

Frühjahrssemester 2025
Mittwoch, 16.45-18.25 Uhr

Freies Angebot BA 1-3 / MA 1-2 – Regelmässige, aktive Teilnahme (höchstens zwei versäumte Sitzungen): 2 ECTS-Punkte, Regelmässige, aktive Teilnahme + Anfertigung einer Seminararbeit: 4 ECTS-Punkte

Es gibt kaum einen Begriff, der schillernder und vieldeutiger erscheint als der des „Lebens“. Im Bewusstsein der meisten Menschen ist er gleichbedeutend mit der vorbegrifflichen Unmittelbarkeit der alltäglichen Erfahrung und gilt somit als Gegenpol zur theoretischen Erkenntnis im Allgemeinen und zur Philosophie im Besonderen. Dabei wird jedoch übersehen, dass der Lebensbegriff keineswegs eine einheitliche Bedeutung hat, sondern auf ganz verschiedene Bereiche der Wirklichkeit verweist. Die im 19. und frühen 20. Jh. entstandene „Lebensphilosophie“ umfasst daher sehr unterschiedliche Denkansätze, die das Leben in bewusstem Gegensatz zur Sphäre der begrifflich fassbaren Universalität konzipieren und ihm andere Grundphänomene – historisch-psychologische Individualität, biologische Vitalität, Unmittelbarkeit des vortheoretischen Weltverhaltens usw. – gegenüberstellen. Dabei kann sich die Lebensphilosophie jedoch nicht von dem Paradox freimachen, dass sie selbst zur Verteidigung der vorbegrifflichen Unmittelbarkeit des Lebens auf begrifflich-kategoriale Sprachformen und Argumentationsmuster zurückgreifen muss und sich damit letztlich doch wieder in jenem Bereich gedanklicher Universalität bewegt, dessen Primat sie auf thematischer Ebene zu negieren gedenkt.

Das Seminar will dieser impliziten Paradoxie der Lebensphilosophie und der Vielfalt ihrer unterschiedlichen Ausprägungsformen nachgehen. Durch die Lektüre ausgewählter Texte von Nietzsche, Dilthey, Simmel, Bergson, Husserl und Heidegger soll dabei die irreduzible Bedeutungsvielfalt des Lebensbegriffs in Bezug auf das menschliche Selbstverständnis herausgearbeitet und mit Blick auf seine theologischen Implikationen weitergedacht werden.

Anmeldung: Erfolgt im Dezember 2024
Kontakt:

Literaturhinweise:
Sekundärliteratur zur Einführung in die Thematik:

  • Jürgen Große, Lebensphilosophie, Stuttgart, Reclam, 2010.
  • Jürgen Große, „Revitalisierung der Lebensphilosophie?“, Philosophische Rundschau 53,1-2 (2006), 12-33. 108-129.
  • Karl Albert, Lebensphilosophie: von den Anfängen bei Nietzsche bis zu ihrer Kritik bei Lukács, Freiburg, Alber, 1995.
  • Angelika Ebrecht, Das individuelle Ganze. Zum Psychologismus der Lebensphilosophie, Stuttgart, Metzler, 1992.
  • Robert Kozljanič, Lebensphilosophie: eine Einführung, Stuttgart, Kohlhammer, 2004.
  • Matthias Neugebauer, Konzepte des ‚Bios‘. Leben im Spannungsfeld von Organismus, Metaphysik, Molekularbiologie und Theologie, Göttingen, Edition Ruprecht, 2010.
  • Otto Friedrich Bollnow, Die Lebensphilosophie, Berlin, Springer, 1958.
  • Ernst Oldemeyer, Leben und Technik. Lebensphilosophische Positionen von Nietzsche zu Plessner, München, Wilhelm Fink Verlag, 2007 (2019: Online-Version).
  • Luis Silva Santisteban, Das welterfahrende Leben. Eine phänomenologische Untersuchung, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2000.
  • Ina Schmidt, Vom Leben zum Sein. Der frühe Martin Heidegger und die Lebensphilosophie, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2005.
  • Bernward Grünewald, „Phänomenologie statt Lebensphilosophie. Was hätte Husserl zu Diltheys Begründung der Geisteswissenschaften beitragen können?“, in: W. Kluxen u.a. (Hg.), Tradition und Innovation, Hamburg, Meiner, 1988, 178-186.
  • Georg Misch, Lebensphilosophie und Phänomenologie: eine Auseinandersetzung der Diltheyschen Richtung mit Heidegger und Husserl, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1967 (2. Aufl.).
  • Max Scheler, „Versuche einer Philosophie des Lebens. Nietzsche – Dilthey – Bergson“, in: ders., Vom Umsturz der Werte. Abhandlungen und Aufsätze (Gesammelte Werke III), hg. von Maria Scheler, Bern, Francke Verlag, 1955 (4. Aufl.), 311-339.
  • Philipp Lersch, Lebensphilosophie der Gegenwart, Berlin, Junker & Dünnhaupt, 1932.
  • David Jalal Hyder, Science and the Life-World. Essays on Husserl’s Crisis of European sciences, Stanford, Stanford University Press 2010.
  • Evan Thompson, Mind in Life. Biology, Phenomenology, and the Sciences of Mind, Cambridge (Mass.), Belknap Press, 2007.