Weihnachtswünsche von der Theologischen Hochschule Chur
(Mit Dank an Adam und Christian Cebulj für die Produktion des Videos)
Churer Maturapreis 2020
Die diesjährigen eingesendeten Maturaarbeiten
für den Churer Maturapreis für Religion
waren auf sehr gutem Niveau
Aufgrund der Covid-19 Pandemie entschieden im Frühjahr 2020 manche Kantone, die Maturierenden nicht für die Abschlussprüfungen aufzubieten. Eine geschenkte Matura für den Abschlussjahrgang 2020 also? Mitnichten! Die diesjährigen eingesendeten Maturaarbeiten für den Churer Maturapreis für Religion waren auf sehr gutem Niveau. Da eine Arbeit gar überragend war und eine weitere von der Jury als ausgezeichnet gewertet wurde, entschied sich die Jury, den ersten Preis doppelt zu vergeben: Nadine Jabornegg von Wilen b. Wil und Flurin Jacomet von Tujetsch GR erhalten den mit je 500 CHF dotierten 1. Preis. Der zweite Platz geht in diesem Jahr an Florian Hellwig aus Neftenbach.
Prof. Hildegard Scherer und Prof. Hanspeter Schmitt hatten sich mit den drei Siegermaturaarbeiten befasst und stellen diese je in einer kurzen Laudatio vor:
In Experts we trust
Nadine Jabornegg (Kantonsschule Wil) geht mit ihrer in Englisch verfassten Arbeit “In Experts we trust. How the Way We Form Beliefs in Everyday Situations Correlates with our Trust in Expert Testimony” neue Wege der “experimentellen Philosophie”. Dabei wählt sie Klimawandel und Impfkontroverse als gesellschaftlich relevante Ausgangspunkte. Sie fragt, wie Überzeugungen zustande kommen: welche Rolle dabei Expertenaussagen spielen, und wie sich dies zur Entstehung von Alltagsüberzeugungen verhält. Zunächst analysiert Frau Jabornegg, mit Rückgriff auf englischsprachige Fachliteratur, die Bedingungen für berechtigtes Vertrauen in Aussagen und die Rolle von Expertise. Dann prüft sie ihre Fragestellungen mit einer breit angelegten und umsichtig ausgewerteten Befragung. Die komplexen Konstellationen in einen gut verständlichen Fragebogen herunterzubrechen ist allein schon eine beachtliche Leistung. Doch beherrscht Frau Jabornegg ebenso die scharfe Analyse wie die glasklare Darstellung ihrer Inhalte. (Prof. Hildegard Scherer)
Flurin Jacomet zielt darauf,
die von Hannah Arendt entwickelte Theorie
der „Banalität des Bösen“ sozialpsychologisch zu differenzieren
Die Maturaarbeit von Flurin Jacomet (Gymnasium Kloster Disentis) zielt darauf, die von Hannah Arendt entwickelte Theorie der „Banalität des Bösen“ sozialpsychologisch zu differenzieren. Anlass für Arendt ist bekanntlich ihre Beobachtung des Nazi-Funktionärs Adolf Eichmann in seinem Jerusalemer Prozess der 1960-er Jahre. Die Differenzierung ihrer Theorie will Jacomet unter Anwendung von Albert Banduras sozialpsychologischer Theorie des „Moral Disengagement“ erreichen, die 1996 publiziert worden ist. Bandura und seine Mitarbeiter untersuchen darin verschiedene Faktoren bzw. Strategien, eine offensichtlich gegebene Schuld und Verantwortung abzuschwächen oder gar zu verneinen. Bei dieser Interpretation von Arendts Beschreibung geht Jacomet äusserst umsichtig und informiert vor. Er stellt entlang zielführender Stichworte den soziohistorischen Kontext der NS-Zeit vor und darin die Person Eichmanns bis zu seinem besagten Prozess. Dann erläutert er die Theorie des Moral Disengagement in allen sie bezeichnenden Faktoren, um sie schliesslich mit der Arendt´schen Dokumentation ihrer Eichmann-Erfahrungen zu identifizieren. Am Ende dieses beeindruckenden Gangs stehen sozialpsychologische Schlussfolgerungen für eine vertiefte Theorie der Banalität des Bösen. (Prof. Hanspeter Schmitt)
das seit Jahrhunderten philosophisch bewegende
Leib-Seele-Problem
Der 2. Platz (300 CHF) ging an Florian Hellwig (Kantonsschule Rychenberg) aus Winterthur. In der Maturaarbeit von Florian Hellwig geht es um das seit Jahrhunderten philosophisch bewegende Leib-Seele-Problem. Dabei wählt er – mit besonderem Schwerpunkt auf René Descartes („Cogito, ergo sum“) – die anspruchsvolle erkenntnistheoretische Linie dieser Fragestellung: wie hängen „Seele“ (als Erkenntnisvermögen) und „Leib“ (als zu erkennender Körper) zusammen? Gibt es die erkannte Wirklichkeit/Körperlichkeit materialiter überhaupt, oder gibt es nur reine materiefreie Erkenntnis? Hellwig krönt seinen wissenschaftsgeschichtlichen Durchgang mit einer eigenen Spekulation, die auf sein kreatives Potential in dieser rein begrifflich nicht lösbaren Materie schliessen lässt. (Prof. Hanspeter Schmitt)
Der diesjährige Churer Maturapreis für Religion wurde durch die grosszügige Unterstützung der Stiftung St. Martin und der Kirchgemeinde Illnau-Effretikon ermöglicht.
Corona und Kirche
Bilanz und Perspektiven einer Austauschtagung
Mitten in der zweiten Welle der Corona-Pandemie trafen sich Ende Oktober 50 Verantwortliche der katholischen Kirche in der Schweiz zu einer Video-Konferenz, um Rückschau zu halten, Lernschritte zu analysieren und Perspektiven zu entwickeln.
In sieben Zoom-Konferenzen fand einer lebendiger Austausch über Corona und Kirche statt, in dem alle zentralen Bereiche des kirchlichen Lebens analysiert wurden: Diakonie, Seelsorge, Liturgie, Kommunikation, Zusammenarbeit, Gemeinschaft und Katechese.
Viel Kreativität und Improvisationsbereitschaft kamen zum Vorschein, aber auch Rückzug und Resignation. Die Krise, die von Aussen kam, machte die inneren Brüche der Kirche unübersehbar. Hier gilt es genau hinzusehen: Wo ist Verbesserung des Bestehenden angebracht? Wo braucht es grundlegende Veränderungen? Wo zeigen sich die wirklichen Kraftquellen der Kirche? Was hat sich nicht bewährt und muss auf den Prüfstand?
Die Tagung brachte viele Ideen für die pastorale Praxis und für die Kirchenentwicklung hervor. Der Tagungsbericht von Birgit Jeggle-Merz (Pastoralinstitut der Theologischen Hochschule Chur) und Arnd Bünker (SPI St. Gallen) gibt darüber Auskunft:
Link zum Tagungsbericht: spi-2020-bericht-corona-austauschtagung-de
Bruder Barnabas Flammer OFMCap zum Gedenken
Am 31. Oktober 2020 verstarb im Kapuzinerkloster Schwyz Bruder Barnabas Flammer OFMCap. Er wirkte zwanzig Jahre lang, von 1982 bis 2002, an der Theologischen Hochschule Chur als Dozent für den Grundkurs Moraltheologie/Nachfolge Christi, im ersten Jahr gleichzeitig für die Theologie des geistlichen Lebens. Wir bewahren ihm ein ehrendes Andenken und erbitten für ihn, dass sein Weg der Nachfolge Christi nun in das Leben der Auferstehung münden möge.
Höher, schneller, weiter?
Hildegard Scherer über den herbstlichen Blick zurück
Gastkommentar von Prof. Dr. Hildegard Scherer im Bündner Tagblatt vom 02.09.2020:
Fremde im Land: Welche Verantwortung haben wir?
Wissenschaftscafé der THC am 01.10.2020
Fremdsein im eigenen Land ist ein verbreitetes Phänomen: Menschen, die sich integrieren und dann dazugehören; solche die bedroht sind und Schutz suchen; oder jene die angezogen werden, weil wir ihre Fähigkeiten brauchen. Bekannt ist auch, dass die Identität einer Kultur sich ständig entwickelt und gerade vom Austausch mit anderen lebt. Die aktuellen Fragen der Migration und Vertreibung haben neuen Zündstoff in diesen Bereich gebracht. Was heisst Menschlichkeit, wo sind die Grenzen? Welche Verantwortung haben wir?
Zu diesen und anderen Fragen diskutieren auf dem Podium:
Dr. med. Gustav Ott: Präsident Verein Hilfe für Asylsuchende Graubünden
Azamit Berhane: Stadtbibliothek Chur, interkulturelle Dolmetscherin
Valérie Favre Accola: Grossrätin SVP, Davos
Prof. Dr. Samuel M. Behloul: Institut für interreligiösen Dialog, Zürich
Dr. Brigitta Rotach: Moderation, Haus der Religionen, Bern
Ort: Café B 12, Brandisstrasse 12, 7000 Chur
Zeit: Donnerstag, 01.10.2020, 18.00 – 19.30 Uhr
Wegen des Corona-Schutzkonzepts stehen nur 50 Sitzplätze zur Verfügung. Bitte melden Sie sich deshalb im Sekretariat der THC zu dieser Veranstaltung an:
Telefon: 081 254 99 93
Alle weiteren Informationen finden Sie im Flyer des Wissenschaftscafés: Flyer 2020
Fernstudium ab 2.11.
Gemäss dem Entscheid des Bundesrates zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus vom 28. Oktober 2020 stellt die Theologische Hochschule Chur den Studienbetrieb ab dem 2.11.2020 auf Fernstudium um.
Weiterhin gelten die Verhaltensregeln im Schutzkonzept.
Allen Studierenden und Lehrenden wünschen wir weiterhin ein gutes Herbstsemester.
Publikation «Charting Spiritual Care»
Im Rahmen des Forschungsprojektes «Dokumentation klinischer Seelsorge im Horizont interprofessioneller Spiritual Care. Interdisziplinäre Klärungen aus seelsorgetheoretischer und ethischer Perspektive» ist eine open-access-Publikation erschienen.
Peng-Keller, Simon; Neuhold, David (Ed.): Charting Spiritual Care. The Emerging Role of Chaplaincy Records in Global Health Care. Cham: Springer, 2020
Das SNF-Projekt wird in Kooperation des Lehrstuhls für Spiritual Care an der Universität Zürich und des Lehrstuhls für Theologische Ethik an der THC durchgeführt.
This volume investigates a much debated issue of late-modern spiritual care: the integration of spiritual concerns and chaplaincy in electronic medical records (EMR). This raises several important questions which spiritual care givers have been trying to address from the start. Besides legal and ethical aspects, the ongoing discussion includes the who, what, where, when, how, and why of recording spiritual care in EMRs.
(Preface by Simon Peng-Keller and David Neuhold)