Ereignissplitter
Im vergangenen Studienjahr durfte an der TH Chur die Lancierung einer neuen Zeitschrift gefeiert werden. Mitherausgeberin Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz verrät in einem Interview, was es mit dem Namen Transformatio; auf sich hat und was das Profil der neuen Zeitschrift ist.
Über die Kunst des Übens sprach der Neurologe Prof. Dr. Jürg Kesselring, ehem. Chefarzt der Rehabilitationsklinik Valens bei Bad Ragaz am Dies academicus 2021; Prof. Dr. Eva-Maria Faber würdigte den Honorarprofessor der TH Chur Bischof Peter Henrici SJ bei einer Buchvernissage mit einer Laudatio; und Prof. Dr. Manfred Belok sprach in seiner Abschiedsvorlesung über Glaube und Struktur.
transformatio; - eine neue theologische Zeitschrift mit Heimatort TH Chur
Die Zeitschrift transformatio; wurde im Newsletter der TBI mit dem folgenden Interview mit der Herausgeberin Prof. Dr. Birgt Jeggle-Merz vorgestellt. Das TBI erlaubte freundlicherweise, das Interview für den Jahresbericht der TH Chur freizugeben.
In Zeiten, in denen selbst langjährige und wissenschaftlich einflussreiche Zeitschriften eingestellt werden, überrascht die Neugründung einer theologischen Zeitschrift. Doch wir – das ist das Redaktionsteam Michael Hartlieb, Birgit Jeggle-Merz, Hildegard Scherer und Georg Steins – sind davon überzeugt, dass sich Fragen zu Leben und Kultur, zur christlichen Botschaft in alledem, immer noch drängend stellen. Diese Fragen brauchen einen Ort der wissenschaftlichen Debatte und theologischen Auseinandersetzung. Das war die Motivation, einen solchen Ort zu schaffen: von überall her frei zugänglich im digitalen Open Access, ohne Bezahlschranken, um theologische Grundsatzartikel (im Peer Review) und Impulse schrankenlos für alle Interessierten bereitzuhalten.
Der direkte Zugang zum Heft ist möglich unter: https://transformatio-journal.org
Die Zeitschrift wird gefördert durch die Stiftung Freunde der Theologischen Hochschule Chur.
Frage: Transformation – Verwandlung – ist aktuell ein richtiges «Buzz-Word». Wir diskutieren in der Öffentlichkeit über die Transformation zu Post-Wachstums-Gesellschaften, wir hoffen auf die Transformation des Gesundheitswesens oder auf die Transformation der autoorientierten Städte hin zu Oasen differenzierter Mobilitätskonzepte … Das Wort wird heute augenscheinlich vor allem in einem stark technischen oder wirtschaftlichen Umfeld verwendet. Was macht es Deiner Ansicht nach zu einem perfekten Titel für eine theologische Zeitschrift?
BJM: Vom ersten Moment unseres Projekts an war klar: Wir wollten Bibel, Liturgie und Kultur miteinander ins Gespräch bringen. Zunächst lag diese Intention auch einfach nahe, da die einen von uns ihr wissenschaftliches Herz in den Bibelwissenschaften gefunden haben und die anderen für die Feier des Glaubens entbrannt sind. So hätten unsere Überlegungen für die Installierung einer neuen Zeitschrift auch in einem speziellen bibelwissenschaftlichen oder liturgiewissenschaftlichen Organ münden können, das fragt, wie die Bibel in der Liturgie vorkommt oder wie die Liturgie mit der Bibel umgeht.
Aber unser Bestreben ging in eine ganz andere Richtung. Wir fragten uns, was Bibel und Liturgie eigentlich gemeinsam haben, was die Grunddimension ist, die auf beide zutrifft. Und da liegt der Begriff «Wandlung» tatsächlich ganz nahe. Eine Katholikin, ein Katholik wird bei diesem Begriff vermutlich als erstes an die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi bei der Eucharistiefeier denken. Dabei wird leicht übersehen, dass die ganze Liturgie und sogar jede Form von Liturgie ein Wandlungsgeschehen ist. Immer geht es darum, alle die mitfeiern mit dem Erlösungsgeschehen in Jesus Christus in Berührung zu bringen und sie dadurch immer mehr und immer wieder neu zu dem werden zu lassen, was sie in der Taufe geworden sind. Liturgie ist nicht einfach ein Kult, der einer fernen Gottheit dargebracht wird, um diesen Gott gnädig zu stimmen. Liturgie im christlichen Verständnis ist Begegnung zwischen Gott und Mensch.
Auch die Bibel ist nicht einfach ein Buch mit Geschichten und Texten, die von Gott handeln. Nach ihrem Selbstverständnis ist die Heilige Schrift ein Gesprächsangebot Gottes. Der Gott der Bibel gibt darin von sich Kunde, er zielt auf eine Begegnung mit dem und der Hörenden oder Lesenden. «Die göttlichen Worte wachsen, indem sie gelesen werden …», sagte schon Gregor der Grosse im 6. Jahrhundert. Für ihn ist die Bibel kein abgeschlossenes Wort mit einer wichtigen Botschaft, sondern er sieht ein geistig-geistliches Wachstum des Wortes zusammen mit dem oder der, der und die die Schrift liest (oder aus der Schrift hört). Die Begegnung zwischen Gott und Mensch im Wort der Schrift ist auf Wandlung, auf Transformation ausgerichtet, denn sie intendiert die Wandlung der Hörenden in das proklamierte Geschehen.
So mag der Titel unserer Zeitschrift «transformatio;» auf den ersten Blick einen Begriff aufnehmen, der in der Gegenwart häufig verwendet wird. Aber Wandlung, Transformation ist Kern der christlichen Botschaft und ebenso ein Grundzug des Lebens und der Kultur, sowie auch Schlüsselaufgabe von Politik und Gesellschaft. Was liegt da näher, auch unsere Zeitschrift so zu überschreiben?
Transformation – verstanden als grundlegender Wandel – ist sicher etwas, das sich viele Menschen von ihrer Kirche wünschen. Will der Zeitschriftentitel in diesem Sinne eine klare politische «Agenda» besetzen, oder ist der inhaltliche Rahmen durch die Redaktion und das Selbstverständnis weitestmöglich offengehalten?
BJM: Wenn von Wandlung die Rede ist, dann ist damit auch Veränderung und Wachstum verbunden. Die Gemeinschaft der Christ:innen versteht sich seit jeher als Kirche auf dem Weg der nie untergehenden Sonne entgegen. Würde sich Kirche nicht mehr weiterentwickeln, würde sie nicht immer mehr versuchen, das zu werden, was das Evangelium ihr aufgibt, würde sie ihren ureigenste Aufgabe verfehlen. Insofern ist Kirche immer auch politisch, im besten Sinn des Evangeliums.
Transformatio; hat eine starke Verankerung an der Theologischen Hochschule Chur, sie wird auch gefördert von der «Stiftung Freunde der TH Chur». Wie ist es dazu gekommen?
BJM: Jede Zeitschrift braucht auch eine «Heimat», die sie dort findet, wo die Redaktion – oder in unserem Fall ein Teil der Redaktion – ist. Da mit Hildegard Scherer und mir zwei Redaktionsmitglieder an der Theologischen Hochschule Chur lehren, lag die Verbindung zur Hochschule nahe. Die Freunde der TH Chur haben unser Unternehmen grosszügig unterstützt, als wir eine Startsumme brauchten, um ein Graphikbüro mit der Gestaltung der Online-Zeitschrift beauftragen zu können. Für diese Unterstützung sind wir sehr dankbar, denn ohne sie hätten wir nicht einen so ästhetisch schönen Auftritt realisieren können.
Transformatio; hat sich zur Aufgabe gesetzt, interdisziplinär zu arbeiten, verschiedene Forschungsbereiche miteinander ins Gespräch zu bringen. Die Theologie mit ihren unterschiedlichen Fächern spielt eine wichtige Rolle, ebenso die Kulturwissenschaften, die Literatur, auch die Naturwissenschaften. Was erhoffst Du Dir von diesem Zugang an Impulsen für Theologie und Kirche?
BJM: Theologie würde verarmen, wenn sie sich nicht im Austausch mit der Gesellschaft, mit anderen Wissenschaften, mit Kunst und Kultur befände. Sie stünde unter der Gefahr, nur um sich selbst zu kreisen und die Gegenwart sowie die Menschen mit ihren Herausforderungen, Wünschen und Nöten zu übersehen.
Transformatio; ist eine online-Zeitung und hat gleichzeitig eine klar wissenschaftliche Ausrichtung. Im deutschen Sprachraum ist das kein Alleinstellungsmerkmal, aber viele vergleichbare Angebote gibt es nicht. Wo würdest Du transformatio; gerne in fünf Jahren sehen? Was für eine Aufgabe hat es in der theologischen Welt der Zukunft?
BJM: In der Theologie haben wissenschaftliche Zeitschriften eine wichtige Funktion. In ihnen spiegeln sich theologische Debatten und Auseinandersetzungen über brennende Fragen der Zeit. Solange diese Debatten sich aber allein in gedruckten Exemplaren niederschlagen, die vor allem über Bibliotheken zugänglich sind, ist der Radius, in dem sie potentielle Leser:innen erreichen, auf ein direkt an diesen Themen interessiertes Publikum geschränkt. Im Internet jedoch kann jeder und jeder darauf stossen, der oder die vielleicht auch ganz zufällig auf einen Beitrag stösst. Wir erhoffen uns eine breite Rezeption, auch bei Menschen, die nie eine theologische Zeitschrift in die Hand nehmen würden. Ich würde mich freuen, wenn in fünf Jahren das nächste Heft von transformatio; von einigen Leser:innen sehnsüchtig erwartet wird, von anderen wegen seiner Prägnanz nicht übergangen werden kann und auch von den gängigen Suchmaschine ganz vorne platziert wird, so dass es im World Wide Web gefunden werden kann.
Transformatio; Würdest Du Dir wünschen, dass theologische Zeitschriften generell im Open-Access verfügbar sein sollten? Welche Chancen siehst Du, welche Nachteile?
BJM: Die Zukunft der theologischen Zeitschriften liegt vermutlich tatsächlich im Open-Access. Für andere Wissenschaftszweige ist das schon längst selbstverständlich, Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Debatten online zugänglich zu machen. Die Theologie hinkt hier der Entwicklung nach. Die grosse Chance jeder Online-Veröffentlichung liegt darin, dass sie leicht gefunden und damit auch rezipiert werden kann.
Was gibt es für Nachteile?: Alle Wissenschaftler:innen, die mit schriftlichen Quellen umgehen, lieben Bücher. Es gibt nichts Schöneres, als in einem Buch, in einer Zeitschrift zu blättern. Schon der Geruch in Bibliotheken kann glücklich machen. Das kann eine Online-Zeitschrift nicht bieten.
Transformatio; Das erste Heft ist im April erschienen, das war für die ganze Redaktion ein erfreulicher Moment. Welche Reaktionen hast Du seitdem erhalten?
BJM: Die Reaktionen waren bislang durchweg positiv. Viele waren überrascht, dass wir so ein Unternehmen aufziehen, wo andere Zeitschriften mangels Abonnenten eingestellt werden. Andere wundern sich über unseren Mut, so viel Kraft und Zeit aufzuwenden, wo es doch bei einer kostenfreien Zeitschrift nichts zu verdienen gibt. Besonders gefällt der bisherigen Leser:innenschaft das Design. So würden auch wissenschaftlich komplexe Beiträge leichter lesbar, so wurde uns rückgemeldet.
Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz
Dies Academicus 2021 – Die Kunst des Übens
Jedes Jahr im Herbstsemester pflegt die Theologische Hochschule Chur als eine der drei Katholisch-Theologischen Fakultäten der Deutschschweiz beim Dies Academicus den Kontakt mit der interessierten Öffentlichkeit. Am Dienstag, den 26. Oktober 2021 waren knapp 100 Gäste der Einladung zum Dies Academicus gefolgt: Vertreter der Bistumsleitung und der Bistumskantone, Gäste aus der Politik und den Partnerinstitutionen der TH Chur sowie Freunde und Förderer der Theologischen Hochschule. Nachdem der Dies Academicus im vergangenen Jahr pandemiebedingt ausfallen musste, war es eine Freude, dass wieder zahlreiche Gäste die TH Chur besuchten.
Zu Beginn stellte Prorektorin Prof. Dr. Eva-Maria Faber einige Überlegungen zu den besonderen Herausforderungen für Theologie und Kirche der Gegenwart an. Den Festvortrag hielt der bekannte Neurologe Prof. Dr. Jürg Kesselring, ehem. Chefarzt der Rehabilitationsklinik Valens bei Bad Ragaz. Sein Vortrag stand unter dem Thema „Die Kunst des Übens – Lektionen aus der Neurologie zu Musik und Lebenspraxis“. Ausgehend von Erich Fromms berühmten Buchtitel „Die Kunst des Liebens“ kreisten Kesselrings Gedanken immer wieder um die Einsicht des Paracelsus, die Liebe sei der höchste Grund jeder Arznei. Das Interesse in der Neuro-Rehabilitation bestehe nicht hauptsächlich darin, Krankheiten zu beschreiben, sondern den Patientinnen und Patienten etwas zu bieten, damit sie trotz ihrer Einschränkungen wieder besser leben können – er verwendete dafür den Begriff «Neuroplastizität». Kesselring griff mehrfach auf Paracelsus zurück, der zum Lernen gesagt hatte: «Wer nichts weiss, liebt nicht; wer nichts tun kann, versteht nichts; wer nichts versteht, ist nichts wert – aber wer versteht, der liebt, merkt und sieht auch. Wer meint, alle Früchte würden gleichzeitig mit den Erdbeeren reif, der versteht nichts von den Trauben.» Dieses Zitat habe auch Erich Fromm als Motto seiner «Kunst des Liebens» vorangestellt. Es entspreche dem Grundsatz der Rehabilitation, den Patientinnen und Patienten einen neuen Zugang zu ihrer Persönlichkeit zu verschaffen: „Die beste Arznei für den Menschen ist der Mensch“, so Kesselring, der im zweiten Teil seines Vortrags dann den sozialen und therapeutischen Wert der Musik betonte. Seine geistreich und humvorvoll vorgetragenen Gedanken wurden mit lang anhaltendem Applaus belohnt.
Zum Schluss des Dies Academicus wurde der Churer Maturapreis für Religion 2021 an drei junge Erwachsene verliehen. Der mit 500 CHF dotierte 1. Preis ging an Samuel Schulke von Attikon ZH (Kantonsschule im Lee Winterthur) für seine Arbeit „Flucht im Namen Gottes“, der 2. Platz (300 CHF) ging an Lina Caspescha von Schnaus GR (Gymnasium Kloster Disentis) für ihre Arbeit «Vergleich des philosophischen und künstlerischen Menschenbilds in der Renaissance und im Expressionismus» der 3. Preis in Höhe von 200 CHF wurde an Tamina Kabir von Felsberg GR (Bündner Kantonsschule Chur) verliehen. Das Thema ihrer Arbeit lautete: «Die Rohingya – das vergessene Volk».
Im Anschluss an die Preisverleihung richtete der Grosskanzler der TH Chur, Bischof Dr. Joseph M. Bonnemain ein Grusswort an das Kollegium, die Studierenden und die anwesenden Gäste. Er rief alle in Theologie und Kirche Tätigen auf, den Synodalen Prozess im Bistum Chur mitzugestalten, zu dem Papst Franziskus die weltweite Kirche eingeladen hat. Der Abend klang mit einem Apéro riche und guten Gesprächen aus.
Bericht: Prof. Dr. Christian Cebulj
Historische Rückblicke von Honorarprofessor Bischof Peter Henrici SJ - Buchvernissage in Zürich
Der grosse Saal ‚Korinth‘ der Paulusakademie Zürich war gut gefüllt am Dienstag, den 30.11.2021. Die Theologische Hochschule Chur hatte in Zusammenarbeit mit der Paulusakademie zur Vernissage des Buchs „Peter Henrici: Rückblick – Ereignisse und Erlebnisse, Verlag der Inländischen Mission Zofingen 2021“ eingeladen.
Peter Henrici, 1928 geboren und aufgewachsen in seiner Heimatstadt Zürich, trat 1947 in den damals in der Schweiz noch verbotenen Jesuitenorden ein und absolvierte die übliche Ordensausbildung in Philosophie und Theologie. In Rom wirkte er als Philosophie-Repetitor am Päpstlichen Kolleg Germanicum et Hungaricum, doktorierte in Philosophie und wurde 1960 Professor für Philosophiegeschichte an der Päpstlichen Universität Gregoriana. 1993 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof und Generalvikar des Bistums Chur mit Sitz in Zürich. Nach seinem Rücktritt als Generalvikar stand er der Schweizer Bischofskonferenz noch bis 2009 zur Verfügung. Peter Henrici ist seit 2008 Honorarprofessor der Theologischen Hochschule Chur.
Im Interview mit Urban Fink gibt er einen spannenden Rückblick auf sein Leben und seinen Glauben und reflektiert ein Stück Zeitgeschichte. Das reich illustrierte Interviewbuch wird vom Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain eingeleitet.
Zur Vernissage waren Gäste aus nah und fern gekommen, alte wie jung gebliebene Weggefährten, die seine Verdienste als Weihbischof des Bistums Chur mit Sitz in Zürich zu würdigen wussten. Rektor Prof. Dr. Christian Cebulj von der TH Chur begrüsste die Anwesenden, besonders den Apostolischen Nuntius der Schweiz, Erzbischof Dr. Martin Krebs, der als Überraschungsgast aus Bern gekommen war. Prorektorin Prof. Dr. Eva-Maria Faber stellte das neu erschienene Buch vor und würdigte einerseits den Philosophen, andererseits den Weihbischof und Brückenbauer Henrici, der das zerrüttete Bistum Chur der Ära Haas in friedliche Zeiten zurückführte. Der Kapuziner Br. Willi Anderau strich die Verdienste von Peter Henrici als Schweizer Medienbischof hervor und alt Generalvikar Dr. Josef Annen lobte Henricis Wirken als Zürcher Generalvikar und dessen Sorge um die Theologische Hochschule Chur und das Priesterseminar St. Luzi.
In seiner persönlichen Ansprache dankte Peter Henrici mit Witz und geistiger Frische vor allem seinem Bruder Andreas und dessen Verdienste um die Zürcher Kirche. Im Dialog mit dem Publikum beantwortete er diverse Fragen und erzählte interessante Anekdoten. Das tat auch der Apostolische Nuntius Martin Krebs, der Henrici noch aus Studienzeiten am Germanicum in Rom kannte.
In seinem Schlusswort überbrachte Bischof Joseph M. Bonnemain, der gerade vom Ad-limina-Besuch der Schweizer Bischöfe aus Rom zurückgekommen war, persönliche Segenswünsche von Papst Franziskus an seinen Schweizer Mitbruder. Der festliche Abend wurde musikalisch gestaltet durch Salomé Cavegn (Alt), Sophie Lauerer (Sopran) und Korbinian Krol (Piano). Er klang aus beim Apéro in fröhlicher Stimmung und ausgelassener Atmosphäre in der gastfreundlichen neuen Paulusakademie an der Pfingstweidstrasse, deren Vorgängerinstitution Henrici selbst mit ins Leben gerufen hatte.
Das lesenswerte Buch kann zum Preis von 15,00 CHF bestellt werden bei:
Inländische Mission, Geschäftsstelle, Forstackerstrasse 1, 4800 Zofingen, www.im-mi.ch
Bericht: Prof. Dr. Christian Cebulj
Laudatio von Prof. Dr. Eva-Maria Faber zur Buchvernissage von Honorarprofessor Bischof Peter Henrici SJ
Peter Henrici: Rückblick. Ereignisse und Erlebnisse. Ein Interview mit Urban Fink
Eine Würdigung
Geschätzter Bischof Peter, lieber Pater Henrici
Lieber Urban
Sehr geehrter Herr Nuntius
Lieber Bischof Joseph
Verehrte Anwesende
In seinem Dialog «Eupalinos oder Der Architekt» (1923) lässt der Schriftsteller Paul Valéry (1871–1945) den Sokrates im Jenseits über sein Leben nachdenken. Er sei als mehrere geboren, jedoch als ein einzelner gestorben. Je t’ai dit que je suis né plusieurs, et que je suis mort, un seul. Das Kind, das zur Welt komme, sei «eine zahllose Menge, die das Leben reichlich früh einschränkt auf ein einzelnes Geschöpf». Aus vielen Sokratessen sei auf diese Weise der eine Sokrates geworden. Nämlich: Sokrates der Philosoph, und nicht Sokrates der Architekt.
Liest man das schöne Interview mit Peter Henrici, das Urban Fink dankenswerterweise geführt hat, so könnte man ähnliche Gedanken haben – und gleichzeitig widerlegt der Interviewband die These von Valérys Sokrates.
Tatsächlich beginnt das Buch mit einem Blick auf die vielen Hintergründe, Einflüsse und auch Möglichkeiten des 1928 geborenen und mit seinem Bruder Andreas aufgewachsenen Peter Henrici. Mit seinem bekannten Humor fasst der Interviewte zusammen, in seinem Stammbaum fänden sich die NZZ, eine Zürcher Maschinenfabrik, Luzerner Hotellerie und ungarischer Uradel zusammen – «was konnte aus solcher Mischung werden?» (10). Schon zu Schulzeiten begegnet der Gymnasiast den reformierten Mitschülern aufgeschlossen. Schlummert sogar ein geheimer Reformierter in ihm?
Obwohl der Maturierte schon den Gedanken hegt, Jesuit zu werden, macht er sich zunächst daran, eine andere Möglichkeit zu verwirklichen. Er beginnt mit dem Studium der Klassischen Philologie und Indogermanistik und nutzt zugleich die akademische Freiheit, sich anderswo umzuhören. Kunstgeschichte, Mittelalterliche Literatur, Schweizer Staatsrecht, Geologie kommen in den Blick.
Nach zwei Semestern aber erfolgt die Entscheidung – Peter Henrici lässt die vielen Möglichkeiten und tritt in den Jesuitenorden ein. Die Entscheidung war schon lange gereift, die Wahl fällt jedoch nochmals unter verschiedenen Möglichkeiten – die Benediktiner seien wegen fehlender Musikalität nicht in Frage gekommen, wohl aber die Dominikaner.
Die Mutter sorgt dafür, dass der Sohn vor dem Ordenseintritt noch die Welt kennenlernt. Paris, Florenz und Rom kommen in den Blick.
Dann aber erfolgt der Eintritt in den Jesuitenorden, die Reduktion der vielen Möglichkeiten auf den einen gewählten Lebensweg. Die Entschiedenheit lebt Peter Henrici mit dem Vorsatz: «Ich bleibe dort, bis man mich hinauswirft» (34).
Der Rückblick bleibt ehrlich. Das Noviziat schillert zwischen der Freude, das Gesuchte gefunden zu haben, und «beschäftigte[r] Langeweile» (34). Neue Möglichkeiten – der Wunsch, Afrika-Missionar zu werden – tauchen auf und zerschlagen sich.
Und dann beginnt jene Geschichte des Jesuiten Peter Henrici, von dem ich noch im Ohr habe, wie er einmal sagte: «Ich habe immer getan, wozu ich bestimmt worden bin». Begleitet von einem zufriedenen Schmunzeln.
Entschiedenheit verengt das Leben, weil sie mit dem Verzicht auf das Offenhalten von Lebensmöglichkeiten einher geht. Entschiedenheit führt im Leben des Jesuiten Peter Henrici dazu, dass sich neue Lebensmöglichkeiten auftun.
Dasselbe Rom, das er auf Anraten seiner Mutter vor dem Eintritt unbedingt noch besuchen sollte, wird zum Arbeitsort des Jesuiten. Als Repetitor am Germanicum vertieft er sich in die grosse Weite der Philosophiegeschichte. Hegel und Blondel liegen auf seinem Tisch. Als Priester macht er nach 1958 verschiedenartige seelsorgliche Erfahrungen. Nur wenig später wird er Philosophieprofessor an der Gregoriana und hält Vorlesungen nicht nur über Hegel und Blondel, sondern – Zitat – «über Philosophen, von deren Existenz ich kurz zuvor kaum Kenntnis hatte» (49).
Ein Sabbatjahr verschafft ihm die Möglichkeit, wieder nach Paris zu gehen – der zweite Ort, von dem seine Mutter gefürchtet hatte, er könne den Reiz dieser Stadt als Jesuit verpassen. Als Henrici 1972 Dekan der Philosophischen Fakultät wird, verbreitern sich seine Themenbereiche und seine Aufgabenfelder ebenso wie sein Wirkungskreis. Neben Philosophiegeschichte rückt die Metaphysik in den Gesichtskreis, er vertritt auch das Fach «Introductio in Mysterium Christi».
Herausforderungen der Studienreform treiben ihn um. Nicht nur studieren an der Gregoriana Studierende aus hundert Nationen, Pater Henrici selbst ist in Brasilien, San Francisco ebenso wie in Kimwenza bei Kinshasa anzutreffen. Pastorale «Nebenarbeiten» (66) verschlingen einen grossen Teil seiner Zeit.
Die Vielfalt der Aufgaben ist unübersehbar, und ich muss alle weiteren Details Ihrer eigenen Lektüre überlassen, um auf einen ganz anderen, wiederum vielfältigen Bereich zu kommen: das Wirken von Peter Henrici als Weihbischof und Generalvikar.
Für seine römische Zeit sagt Henrici an einer Stelle, die Aufgaben hätten ihn «überfallen» (64). Das liesse sich umso mehr auf die Berufung zum Weihbischof beziehen, die ihn 1993 überfiel. Und wenn ihm P. Stierli im Noviziat den Rat gibt: «In der Gesellschaft Jesu wird man Sie ausnützen. Lassen Sie sich ausnützen» (35), dann könnte auch dies auf das Bistum Chur bezogen werden, für das, wie Bischof Joseph Bonnemain im Geleitwort schreibt, Peter Henrici ein Segen war und ist – ein Segen, den wir nutzten und ausnutzten. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen und doch vornehm beschreibt Weihbischof Henrici im Interview die Herausforderungen und die Schwierigkeiten dieser Zeit. Schwierigkeiten und Grenzen, weil gerade er – erfahren mit universitären Kontexten – trotz umfassender Vollmachten für über die strittigen Bereiche Seminar und Hochschule keine Vollmacht hatte.
Die Zusammenarbeit mit dem zweiten Weihbischof Paul Vollmar schildert Peter Henrici ebenso positiv wie das Zusammenwirken im dualen System und die freundschaftlichen Beziehungen mit Leitungspersonen der evangelisch-reformierten Landeskirche in Zürich. Grosse Projekte – Ökumenebrief, Bahnhofkirche, Strukturplan, die kirchenrechtliche Regelung der Bistumfrage – kommen vor Augen.
Paul Valéry könnten wir an dieser Stelle sagen: So schnell geht es jedenfalls nicht, dass Lebensmöglichkeiten sich verengen. Und nicht selten kommen alternative Möglichkeiten überraschend doch noch zum Ziel. Jener Pater Henrici, der in Nebenaufgaben auch pastorale Erfahrungen sammelt, wurde als Weihbischof ganz und gar in bischöflich-pastorales Arbeiten hineingestellt.
Noch interessanter ist es bei einem anderen Thema. Im Rückblick meint Peter Henrici: «Mit Medien bin ich sozusagen aufgewachsen – schon seit vorgeburtlicher Zeit» – weil nämlich seine Mutter mit Kristalldetektor-Radio und Kopfhörer während der Schwangerschaft Musik gehört habe. Diese Anlage kommt zum Zuge, als Pater Prof. Henrici 1978 federführend bei der Gründung des Centro Interdisciplinare sulla Communicazione Sociale mitwirkt. Kein Wunder, springt der Interviewband in diesem Zusammenhang zum Medienbischof Henrici.
Schliesslich bedeutet die Ernennung zum Bischof nicht, dass Peter Henrici sich vom Philosophen verabschiedet. Dankbar sage ich dies von Seiten der Theologischen Hochschule Chur, wo Peter Henrici zwischen 1993 und 2008 als Gastprofessor wirkte, sich für die Erneuerung der Ausbildungsstätte einsetzte – und wo wir uns freuen, ihn 2008 zum Honorarprofessor ernannt zu haben. Damit sind wir nochmals beim Philosophen Henrici.
Das Problem des Sokrates bei Paul Valéry ist, dass er meinte, sich entscheiden zu müssen zwischen der Philosophie und der Architektur. Er wählte die Philosophie, die sich dem Ganzen widmet und deswegen philosophisch dem Wesen von Dingen zugewandt ist, unter Absehung von faktischen Einzelheiten und unter Verzicht auf das Handeln. Preis dafür war für Sokrates der Verzicht auf den Architekten, damit auf den künstlerischen Umgang mit den Dingen, und der Verzicht auf das Handeln mit all seinen Zufälligkeiten und Einseitigkeiten.
Damit stossen wir auf eines der Kernanliegen von Peter Henrici. Ob er klüger ist als Sokrates, weiss ich nicht. Aber er wäre jedenfalls nicht in die Falle des Valéryschen Sokrates geraten. Denn dem Philosophen Peter Henrici ist aus Interesse am Zusammenhang von Glauben, Spiritualität und Philosophie immer vor Augen, dass das Geschichtlich-Faktische in die Philosophie hineingehört – deswegen bewertet er die Hegelsche Philosophie für die Theologie als unbrauchbar. Blondel leitete ihn zu einer Philosophie der Geschichtlichkeit und zu einer Philosophie des wirklichen Tuns, der action. Man lese hierzu die Seiten 69 und 70 des Interviewbandes. Valérys Sokrates würde staunen.
Peter Henrici hat es nicht bei einer Philosophie des konkreten Tuns belassen, sondern wurde selbst zu einem engagiert und beherzt Handelnden. Eben deswegen hat das Bistum Chur ihm so viel zu verdanken.
Lassen Sie mich zum Schluss nochmals Paul Valéry zitieren. «Rien de beau ne se peut résumer», sagt er. Schönes lässt sich nicht zusammenfassen. So geht es mir nun mit dem Interviewband – Sie müssen ihn schon selbst lesen. Vielleicht ging es auch Peter Henrici so bei dem Interview. Wie lässt sich ein im tiefen Sinne schönes Leben auf 100 Seiten zusammenfassen? Kaum.
Wir danken ihm und auch Urban Fink, dass sie es dennoch versuchten.
Prof. Dr. Eva-Maria Faber
Abschiedsvorlesung Prof. Dr. Manfred Belok
Am 2. Juni 2022 hielt Prof. Dr. Manfred Belok nach 19 Jahren bzw. 38 Semestern als Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der TH Chur seine Abschiedsvorlesung. In der gut besetzten Aula der Hochschule würdigte zu Beginn der Rektor Prof. Dr. Cebulj die verdienste von Manfred Belok. Im Anschluss an die Abschiedsvorlesung sprach Prof. Dr. Loiero von der Universität Fribourg als Präsident der AG Praktische Theologie Schweiz ein Grusswort.
Die Abschiedsvorlesung finden sie hier in voller Länge:
Abschiedsvorlesung von Manfred Belok
Lesen Sie hier die Laudatio von Prof. Dr. Christian Cebulj:
Summerschool 2022
Bine ați venit în Elveția – Summer School 2022
Herzlich Willkommen in der Schweiz! Während einer Woche besuchten mehrere rumänische Studentinnen und Studenten die Schweiz. Unter dem Motto «Youth Challenge – Youth Challenged» fanden interessante Vorträge, spannende Diskussionen, feine Degustationen und adrenalingeladene Gipfelstürme statt. Ein Rückblick auf die Summer School 2022.
Text: Fabio Theus
Sonntagabend, 3. Juli 2022. Es ist ein warmer Sommerabend. Das Abendessen ist bereits parat und das Bier kaltgestellt. Was noch fehlt sind die Gäste. Wir warten auf Studentinnen und Studenten aus Rumänien. Sie haben sich angemeldet für die diesjährige Summer School 2022. Zugegeben: Ein wenig nervös sind wir schon. Was erwartet uns in dieser Woche, wie sind die rumänischen Studierenden und klappt das Miteinander? Dann endlich sind sie da. Nach einer langen Reise erreichen sie die Theologische Hochschule Chur (TH Chur). Der Empfang ist herzlich. Das eben noch vorhandene Angespanntsein ist verflogen. Beim gemeinsamen Abendessen kommen wir ins Gespräch. Mit mehr oder weniger gekonnten Englischkenntnissen wird kommuniziert. Es klappt jedenfalls.
Montagmorgen, 4. Juli 2022. Die Zimmertüren öffnen sich nach und nach. Mit teils noch müden Augen wandeln die Gäste den Gängen entlang. Ihr Ziel: Das Frühstücksbuffet. Einige haben bereits grossen Appetit und sind gesprächsfreudig, andere hingegen sitzen schweigend vor einem Glas Organgensaft und sind noch intensiv mit der Herausforderung des Wachwerdens beschäftigt. Zeit für langanhaltende Auftauphasen sind jedoch keine geplant. Um 08.30 Uhr geht es los mit allgemeinen Informationen und der Vorstellung des Wochenprogramms. Der Blick in die Runde verrät: Die eben noch müden Gesichter sind plötzlich aufmerksam und interessiert. Nach Klärung einzelner Fragen folgt der erste eigentliche Programmpunkt: Je ein Referat über die Schweiz und über Rumänien. Es geht darum, dass die Teilnehmenden der Summer School 2022 die Situation in den jeweiligen Ländern kennenlernen. Auch wenn sich beide Länder innerhalb Europas befinden, wird ziemlich schnell deutlich, dass die kulturellen Unterschiede teilweise recht gross sind. Die Grundlage für spannende Diskussionen ist somit mehr als gegeben. Tatsächlich ist viel Gesprächsbedarf vorhanden und er wird auch zu Genüge genutzt.
Es ist Zeit für das Mittagessen. In kollektivem Gleichschritt verschiebt sich die Gruppe in den Speisesaal, um sich dort stärken zu lassen. Schweigend vor einem Glas Orangensaft sitzt nun definitiv keiner und keine mehr. Die gut gefüllten Teller werden von hungrigen Mäulern geleert und als säuberlich aufgeputzte Porzellanscheiben wieder der Küche zurückgegeben. Es herrscht eine gute Stimmung. Der Nachmittag bricht an. Mit gut gefüllten Bäuchen und einem kurzen Nickerchen geht es um 14.00 Uhr weiter. In der Aula der TH Chur wartet Frau Dr. Martina Roesner. Ihre Aufgabe: Definiere den Begriff «Jugend». Sie macht es und eröffnet dabei neue interessante Erkenntnisse. Tatsächlich braucht es viel Aufmerksamkeit, den Ausführungen von Frau Roesner zu folgen. Sie fordert unsere Denkkräfte heraus. Aber es ist voll okay. Wir sind ja schliesslich an einer Summer School und nicht im Ferienlager. Wobei ein bisschen Holiday-Feeling auch dabei sein darf. Stören tut das jedenfalls niemand, im Gegenteil. Nach den Vorträgen am Vormittag und der Klärung des Jugendbegriffs am Nachmittag folgt nun ein kulturelles Regionalupdate in Form einer Stadtführung durch Chur. OpenAir und bei sommerlichem Gewitterwetter erwartet uns eine Stadtführung. Es geht durch enge Gassen, vorbei an alten Häusern, dicken Mauern, hohen Glockentürmen und hinein in Kirchen.
Dienstagmorgen, 5. Juli 2022. Wir beginnen mit einem Workshop zum Thema «Politische Systeme». Dass es tatsächlich nicht ganz einfach ist, Politikerinnen und Politiker zu verstehen, ist bekannt. Doch wer das rumänische Politsystem versteht, sollte einen Nobelpreis bekommen. Das Fazit nach dem Workshop: Herausfordernd spannend. Und so geht es weiter. Nach dem «Arbeitsladen» – so übersetzen einzelne Online-Übersetzer das Wort «Workshop» – sieht das Programm ein Referat mit dem Titel «Jugend und Politik» vor. Vorbereitet und gehalten wird der Vortrag von rumänischen Studenten. Sie tun das hervorragend.
Was es zu Mittagessen gab, keine Ahnung mehr. Wer sich dafür interessiert, melde sich bitte bei Frau Edite Arpagaus, der Hauswirtschaftschefin der TH Chur, und an dieser Stelle soll sie und ihr Team erwähnt werden. Die Teilnehmenden der Summer School 2022 wurden vorzüglich verköstigt. Besten Dank dafür und auch für die Bereitstellung der Zimmer und Räumlichkeiten. Es hat alles wunderbar funktioniert.
Das nächste Highlight wartet auf uns. Wir machen uns auf den Weg zur Calanda-Brauerei. Dort wird offenbar das beste Bier der Welt hergestellt, so die Behauptung der Bündnerinnen und Bündner. Die Führung durch die Herstellungshallen der Brauerei ist besonders eindrücklich. Es sind unglaubliche Mengen, die hier tagtäglich abgefüllt werden. Der Höhepunkt wartet am Schluss des Rundgangs. Wir dürfen verschiedene Biere degustieren. Die Geschmacksrichtungen der Studentinnen und Studenten sind durchaus sehr unterschiedlich.
Nach der Degustation und den diversen Meinungsbildungen verabschieden wir uns von der Brauerei und steuern gleich ums Eck zum gleichnamigen Restaurant. zur nächsten Brauerei, die keine Brauerei ist, wo es selbstverständlich zahlreiche Biere gibt, die in der benachbarten Brauerei gebraut werden. Wir geniessen einen netten und vor allem lustiger Abend dort.
Mittwoch, 6. Juli 2022. Das Aufstehen heute Morgen ist besonders anstrengend. Grund für das Klopfen im Kopf könnte der Vorabend gewesen sein, vielleicht? Nach dem stärkenden Frühstück führt unser Weg – zum Glück – nur wenige Meter weiter in die Aula der TH Chur. Dort dürfen wir uns einmal mehr sehr gelungene Vorträge über Jugend und Bildung anhören. Der daran schliessende Diskussionsblock ist erneut mit vielen Wortmeldungen gefüllt. Der Austausch zwischen den Teilnehmenden der Summer School 2022 funktioniert ausgezeichnet. Es ist eine Genugtuung. Mittagessen.
Am Nachmittag geht es mit dem Zug über die Bündner Kantonsgrenze hinaus nach Glarus. In der Gemeinde Bilten steht eine der grössten Schokoladenfabriken der Schweiz. Bei der Läderach wird Schoggi in den unterschiedlichsten Formen, Geschmacksrichtungen und Mengen hergestellt. Den rumänischen Studentinnen und Studenten gefällt die Führung durch die Manufaktur sehr. Schliesslich gehört Schokolade zur Schweiz wie das Amen in der Kirche. «Very Good», sagte eine rumänische Studentin. Wir sind bei der Degustation angekommen. Schwarz, weiss, rot, gelb und grün. Die Farbpalette auf der Probiertheke ist enorm. Geschmacksexplosionen im Minutentakt. Der Kalorienzählen dreht im roten Bereich. Egal. Der Moment zählt. Mit einer Schokoladenüberdosis schleppen wir uns zurück an den Bahnhof.
Der Kluge fährt im Zuge, sagt ein Sprichwort. Mit schweren Bäuchen und gut gelaunter Stimmung (Schokolade macht glücklich) lassen wir uns zurück nach Chur fahren. Dort wartet an der TH Chur das Abendessen auf uns. Der Appetit war wohl auch schon grösser.
Nach dem Abendessen erhalten wir hohen Besuch. Mitglieder der Studentenverbindung «Curiensis» wollen die rumänischen Studierenden kennenlernen. Es geht nicht lange und die ersten Freundschaften sind geschlossen. Ein langer Abend mit Open End beginnt. Wer wenig schläft, wird am Morgen seine Mühe haben.
Donnerstag, 7. Juli 2022. Das Morgenessen wird nur durch vereinzelte Teilnehmende der Summer School in Anspruch genommen. Die meisten haben sich dazu entschieden, bis zur letzten Minute den Schlaf einzuholen. Denn die Nacht war kurz. Doch spätestens um 08.00 Uhr sind alle versammelt, im Bus. Das Ziel: Luzern. Die Fahrt führt uns am Walensee entlang, über den sogenannten «Sattel» hin nach Schwyz. Von dort geht es weiter via Küssnacht am Rigi, dann dem Vierwaldstättersee entlang bis nach Luzern. Es ist eine Fahrt mit schönsten Aussichten. Kein Wunder kleben die Smartphones an den Scheiben des Busses für die besten Schnappschüsse.
In Luzern lernen wir die Stadt und ihre Geschichte kennen. In einer interessanten und eindrucksvollen Stadtführung erhalten wir einen Einblick in die curriculum vitae Luzerns. Gegen Mittag endet die Führung. Das anschliessende Mittagessen findet individuell statt. Es soll Studierende gegeben haben, die mitten im Sommer und bei grösster Hitze ein Käsefondue bestellt haben. Beweise dafür gibt es keine.
Nach dem Mittag geht es mit dem Bus weiter, nächster Halt: Alpnach. Dort steigen wir auf die Rigibahn um. In einer spektakulären Fahrt bringt uns die Bahn teilweise fast senkrecht hinauf auf den Pilatus. Weniger spektakulär ist das Wetter. Die Aussicht wird uns durch Wolken verwehrt. Trotzdem: Vor allem die rumänischen Studierenden geniessen den Aufenthalt auf dem Pilatus. Viele von ihnen waren noch nie dem Himmel so nahe wie hier oben. Wie es wäre, wenn die Wolken nicht da sind, bestaunen die Studierenden auf einer grossen Panoramakarte.
Wir verlassen den Berg. Die Seilbahn bringt uns zurück ins Tal nach Kriens. Dort wartet der Bus auf uns. Es geht zurück via Autobahn an Luzern vorbei, über den sogenannten «Hirzel» bis zur Raststätte «Bergsboden» am Walensee. Die Aussicht auf den See ist grossartig. Das Essen auf dem Teller eher durchschnittlich, raststättenmässig eben. Aber es füllt. Dann zurück nach Chur an die Theologische Hochschule und ab ins Bett. Ein bisschen mehr Schlaf als während der letzten Nacht ist durchaus notwendig.
Freitag, 8. Juli 2022. Der Tag beginnt wie immer mit dem Frühstück. Heute sind die allermeisten Studierenden ausgeschlafen, fit und munter. Mit dem Bus fahren wir nach St. Gallen. Dort erwartet uns eine Führung durch den sogenannten Stiftsbezirk mit der weltberühmten Bibliothek. Sie gehörte zum ehemaligen Benediktinerstift, das vom irischen Mönch St. Gallus um 612 gegründet worden war. 1553 wurde im Westflügel des Klosters ein eigenes Bibliotheksgebäude errichtet, das 1767 durch den heutigen Bau mit dem Barocksaal ersetzt wurde. Er gilt als einer der schönsten Bibliotheksräume weltweit. Die Stiftsbibliothek ist die einzige der grossen Klosterbibliotheken des Frühmittelalters, deren Bestand vom 8. Jahrhundert bis heute intakt und in hervorragender Qualität geblieben ist. Die Bibliothek steht im Eigentum des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen und beinhaltet insgesamt etwa 170 000 Bücher. 1983 wurde die Bibliothek zusammen mit dem gesamten Stiftsbezirk in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Kein Wunder staunen die Teilnehmenden der Summer School 2022 nicht schlecht, als sie die Räumlichkeiten der Bibliothek betreten. Die Begeisterung ist riesig und wird dadurch unterstrichen, dass uns Dr. Cornel Dora, Leiter der Stiftsbibliothek, die Führung anbietet, und dies notabene ausserhalb der ordentlichen Öffnungszeiten. So haben wir die gesamte Stiftsbibliothek quasi nur für uns. Grossartig!
Während nach der Führung durch den Stiftsbezirk einige Studierende selbständig durch die Altstadt St. Gallens ziehen, sind fleissige Helferinnen und Helfer bereits daran, das Mittagessen zu rüsten. Wie es sich in St. Gallen gehört, gibt es die echten Olma Bratwürste, selbstverständlich ohne Senf. Alles andere wäre ein Bruch mit der sanktgallischen Kultur. Wer eine Olma Bratwurst mit Senf isst, begeht Kulinarik-Sünde.
Nach dem Mittagessen und der Olma Bratwurst ohne Senf erwartet uns die nächste Führung. Sie wird gehalten von Beat Grögli, Dompfarrer des Bistums St. Gallen, der uns exklusiv Backstage führt. Es ist ein Erlebnis der besonderen Art. Wir betreten das alte Chorgestühl, die historische Sakristei und begutachten wertvolles sakrales Gegenstände Dann steigen wir in luftige Höhen die Treppe hoch, und befinden uns plötzlich ganz weit oben. Der Blick vom Kirchenturm hinunter in die Stadt ist einmalig. Das Staunen ist aus den Gesichtern kaum mehr wegzubringen. Hier oben sind bislang nur wenige Menschen gestanden, und wir gehören zu ihnen. Sofort ziehen wir unsere Smartphones, machen Bilder und drehen Videos. Von unten winken uns die Leute zu und wir grüssen von oben zurück. Der Moment, welchen wir auf dem Turm erleben dürfen, ist traumhaft.
Auf der Erde wieder angekommen, wartet unser Busfahrer auf uns. An dieser Stelle sagen wir Danke an Hans-Peter Büchi. Er hat uns mit viel fahrerischem Geschick und Humor während einer Woche begleitet. Seine Geduld, sein Zuvorkommen und seine Hilfsbereitschaft sind beispielhaft. Danke Hampi! Und so fährt er uns weiter von St. Gallen nach Abtwil. Dort warten Brigitta Schmid Pfändler und ihr Mann Reto auf uns. Brigitta ist Pfarreibeauftragte und leitet in ihrer Funktion somit die Geschicke der Pfarrei. Im Kirchgemeindesaal finden am Nachmittag interessante Referate zum Thema «Jugend und religiöses Leben» statt. Am Abend kocht Reto für uns das Abendessen. Es gibt typisch schweizerisch «Ghackets mit Hörnli und Öpfelmues» und schmeckt vorzüglich! Als Überraschung wurde für uns ein Schweizerabend gestaltet. Eine Familie, die als Volkmusikgruppe auftritt, sorgt für eine heitere Stimmung. Die rumänischen Studentinnen und Studenten haben diese Musik noch nie live gehört und sind begeistert. Es ist alles perfekt.
Samstag, 9. Juli 2022. In der Nacht hat uns Hampi mit seinem Bus sicher nach Chur zurückgefahren. Der Wecker geht am heutigen Tag etwas später los als die letzten Tage. Nach dem Frühstück lassen sich einige Studierende durch St. Stephan führen. Es handelt sich dabei um das bedeutendste Baudenkmal des frühen Christentums in Graubünden: Die Überreste der St. Stephanskirche, die im 5. Jahr-hundert erbaut wurde und als Grabkirche der Churer Bischöfe diente. 1850 wurde sie beim Bau der ersten Kantonsschule wieder entdeckt. Vollständig ausgegraben wurde sie in den Jahren 1955/56 und beim Neubau der Schule in den 1970er Jahren komplett ummantelt sowie unterirdisch in das Gebäude integriert. Im Zuge der 2010 abgeschlossenen Gesamtrenovation wurde der Raum zu einem der Bedeutung der Kirche würdigen Museum aufgewertet und der Bevölkerung zugänglich gemacht.
Wer nicht an der Führung durch St. Stephan teilgenommen hat, durfte die Zeit individuell gestalten. Nächster fixer Termin war erst am Sonntagmorgen wieder.
Sonntag, 10. Juli 2022. Wir verabschieden uns. Es ist Abreisetag. Es fällt uns schwer, dass sich die Wege wieder trennen. Während einer Woche haben wir sehr viel Zeit miteinander verbracht, viel erleben dürfen und Freundschaften wurden geschlossen. Ja, der Abschied schmerzt. Wir erinnern uns gerne zurück an die Summer School 2022. La revedere!