Zum Gedenken an Weihbischof Prof. Dr. Peter Henrici SJ 1928–2023

Als ich Weihbischof Peter Henrici im Jahr 2001 erstmals persönlich begegnete, war er Präsident der Expertenkommission, die sich der Neuausrichtung der Theologischen Hochschule Chur widmete. Für mich war es eine eigenartige Erfahrung: Die Person mit dem grossen Namen, der mir von philosophischen Publikationen vertraut war, traf ich nun in einem sehr pragmatischen Kontext an. Genau dies ist charakteristisch für das Denken wie für das Wirken von Peter Henrici als Jesuit, als Professor und als Weihbischof.

Als Jesuit lebte er mit Entschiedenheit seine Bindung an den Jesuitenorden. In seinen Lebenserinnerungen bemerkt er dazu, er sei dort eingetreten mit dem Vorsatz: «Ich bleibe dort, bis man mich hinauswirft». Sehr schlicht bemerkte er einmal: «Ich habe immer getan, wozu ich bestimmt worden bin». Die Aussage war begleitet von einem zufriedenen Schmunzeln. Wenn ich mich richtig erinnere, erzählte er dann einmal, dass Jesuiten ihre neue Destination gelegentlich beim Frühstück unter der Teetasse vorfanden.

Seine Bestimmung wurde die Philosophie, als Repetitor und dann als Philosophieprofessor an der Gregoriana, als Autor von Titeln einer langen Publikationsliste. Neben der Breite dessen, was ein Philosoph in der akademischen Lehre zu vertreten hat, widmete er seine Aufmerksamkeit dem Zusammenhang von Glaube, Spiritualität und Philosophie. In der Schriftenreihe der TH Chur erschien 2009 der Band «Hegel für Theologen» mit gesammelten Aufsätzen zu solchen Themen. Insbesondere gehörte es zu seinen grossen Anliegen, darüber nachzudenken, wie das Geschichtlich-Faktische in die Philosophie hineingehört. Deswegen zog ihn die Philosophie der «action» von Maurice Blondel in den Bann.

Und damit tritt nun der Berührungspunkt in den Blick, der es gar nicht verwunderlich sein lässt, dass ein solcher Philosoph auch hochschulpolitische Aufgaben an die Hand nahm und in einer äusserst spannungsreichen Situation des Bistums Chur Weihbischof wurde. Peter Henrici hat es nicht bei einer Philosophie des konkreten Tuns belassen, sondern wurde selbst zu einem Menschen, der engagiert und beherzt handelte. Eben deswegen hat das Bistum Chur ihm so viel zu verdanken.

Hochschulpolitische Aufgaben hatte er bereits an der Gregoriana in Rom übernommen, als Dekan, mit Anliegen der Studienreform. Ebenso engagiert brachte er sich in Strukturreformen der TH Chur ein. Die Hochschule verdankt ihm wichtige Impulse, die er im Rahmen der genannten Expertenkommission zu Beginn des Jahrtausends gab. Zudem hielt er an der TH Chur von 1993 bis 2008 Lehrveranstaltungen in einer beeindruckenden Prägnanz und didaktischen Kunstfertigkeit: Jede Lektion bildete einen in sich abgerundeten Gedankengang von hohem Erkenntniswert. 2008 ernannte die TH Chur ihn zum Honorarprofessor.

Bis zuletzt hinweg bewahrte Weihbischof und Honorarprofessor Peter Henrici der TH Chur seine Treue. Noch hochbetagt reiste er mit dem Zug zum Dies academicus an. Ursprünglich war geplant, dass Weihbischof Peter Henrici zu seinem 95. Geburtstag, seinem 65. Priesterjubiläum und seinem 30. Bischofsjubiläum mit einem Anlass in Zürich am 31. Mai geehrt würde. Stattdessen fuhr an diesem Tag eine kleine Delegation nach Brig, um Peter Henrici zu besuchen. Er bekundete, dass er gern zur Abschiedsvorlesung des Kirchengeschichtlers am 1. Juni gekommen wäre. Einige Monate zuvor hätte er diese Reise vermutlich tatsächlich unternommen.

Nun ist Peter Henrici am 6. Juni 2023 in Brig verstorben. Die TH Chur wird eine dankbare und ehrende Verbundenheit mit ihm bewahren.

Eva-Maria Faber, Rektorin

Foto (Arnold Landtwing): Peter Henrici 2021 anlässlich der Vernissage seines Buches: Peter Henrici: Rückblick. Ereignisse und Erlebnisse. Ein Interview mit Urban Fink
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